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Prüfungsfrage zu psychosomatischen Erkrankungen

26.04.2019

Prüfungsfrage zu psychosomatischen Erkrankungen

In der letzten schriftlichen Prüfung (20.03.2019) gab es seit langer Zeit wieder eine Frage zu psychosomatischen Erkrankungen:

 

Bei welchen der folgenden Erkrankungen wirken psychische Faktoren in der Krankheitsentstehung oder –verschlimmerung mit?

 

  1. Colitis ulcerosa
  1. Enterocolitis regionalis (Morbus Crohn)
  1. Asthma bronchiale
  1. Essentielle arterielle Hypertonie
  1. Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte)

 

  1. Nur die Aussagen 1 und 4 sind richtig
  1. Nur die Aussagen 2 und 3 sind richtig
  1. Nur die Aussagen 1, 3 und 4 sind richtig
  1. Nur die Aussagen 1, 2, 3 und 5 sind richtig
  1. Alle Aussagen sind richtig

 

Richtige Antwort: E)

 

Definition von psychosomatischen Erkrankungen (Synonym: Psychosomatosen)

  1. körperliche Erkrankungen (mit medizinischem Befund), bei denen bekannt ist, dass sie psychisch mit verursacht sind, aber mehrere Faktoren zur Entstehung beitragen („multifaktorielle“ Genese).

Die multifaktorielle Genese psychosomatischer Erkrankungen setzt sich z. B. zusammen aus:

  1. genetischer Disposition (v. a. hinsichtlich des erkrankten Organs)
  2. körperlicher Faktoren
  3. psychischer Faktoren
  4. psychosozialer Faktoren

mit unterschiedlicher Gewichtung, die sich gegenseitig beeinflussen.

Zu den psychischen und psychosozialen Faktoren gibt es unterschiedliche Erklärungsmodelle, z. B. aus der Psychoanalyse, der Stresstheorie und dem Konzept der Alexithymie*).

 

  1. ebenso können psychische und psychosoziale Faktoren zur Aufrechterhaltung bzw. Verschlimmerung der Erkrankung beitragen.

 

  1. die Betroffenen leiden hauptsächlich körperlich

 

  1. in der ICD 10 bilden die Psychosomatosen keine eigene Gruppe; sie werden den entsprechenden somatischen Krankheitsgruppen zugeordnet und zusätzlich kodiert unter F54: „psychologische und Verhaltensfaktoren bei andernorts klassifizierten Krankheiten“ bei einer psychischen Mitverursachung

 

Zu den psychosomatischen Erkrankungen zählen allgemeinhin z. B.:

 

  • Asthma bronchiale (Hyperreagilibität des Bronchialsystems)
  • Colitis ulcerosa / Morbus Crohn (schubweise verlaufende, chronische Entzündung des Dickdarms)
  • Neurodermitis (chronische, schubweis verlaufende, entzündliche Hauterkrankung mit Ekzem)
  • Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte)
  • essentielle Hypertonie (Bluthochdruck ohne relevanten Organbefund)
  • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)

 

Der Anteil der psychischen Faktoren an den Ursachen der Krankheitsentstehung und deren Aufrechterhaltung bzw. Verschlimmerung ist unterschiedlich groß – bei einigen Patienten spielt sie eine große Rolle, bei anderen hingegen nicht.

Es ist also nicht möglich, alleine vom Krankheitsbild und dessen Symptomen zu entscheiden, ob es sich bei einer Erkrankung, die allgemeinhin als psychosomatisch gilt, im Einzelfall tatsächlich um eine Psychosomatose handelt oder nicht.

Entscheidend ist die Frage, welchen Anteil ein psychischer Faktor im individuellen Fall an der Entstehung, am Verlauf und Heilungsprozess hat.

 

Die Erforschung von psychosomatischen Erkrankungen unterliegt einer ständigen wissenschaftlichen und medizinischen Weiterentwicklung sowie neuer Erkenntnisse im Fachbereich der psychosomatischen Medizin; insofern kann dieser Blogbeitrag nur einen groben Überblick geben.

 

*) Konzept der Alexithymie:

Mit dem Konzept der Alexithymie wird versucht, die typische Charakterstruktur von Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen zu beschreiben:

  • es besteht eine Unfähigkeit, Gefühle wahrnehmen und ausdrücken zu können
  • das Denken ist eher mechanisch, begleitet von einer Fantasiearmut
  • zusätzlich bestehen starke Abhängigkeitstendenzen und soziale Überangepasstheit


Weitere Details finden Sie in Skript Nr. 8 "F5: Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren"